Runasimi

Kurzbeschreibung der formalen Grammatik des „Runasimi“ (Ayacuchano)

Allgemeines

Der vorliegende Text gibt eine kurze Beschreibung der formalen Grammatik des Runasimi, und zwar orientiert am Idiom des „Ayacuchano“ wieder, wobei es primär um die pragmatische Handhabbarkeit der angegebenen Regeln geht. Erreicht werden soll eine Beschreibung des regulären Kerns in bestimmten Satzarten (Aussage-, Verneinungs- und Fragesätze). Der reguläre Kern definiert sich hier v. a. durch zwei maßgebliche Kriterien; er enthält

    1. eine (echte) Teilmenge der potenziellen Sätze des Runasimi
    2. nur korrekte Sätze des Runasimi (d. h. weder widersprüchliche Ableitungen noch grammatikalisch-syntaktische Fehler), bezogen auf Grammatik und Syntax.

Ausnutzung findet hierbei die (fast) vollständige grammatikalisch-syntaktische Regularität des Runasimi.

Wie in allen formalen Grammtiken einer natürlichen Sprache findet die inhaltlich-semantische Ebene keine Beachtung.

Die Schreibung richtet sich nach dem im Jahr 1975 in Perú eingeführten „Alfabeto oficial„.

Grundlagen des Wortaufbaus

Das Runasimi ist gemäß allgemein gängiger Klassifikation eine agglutinierende Sprache; wobei – fast – ausschliesslich Suffixe (Nachsilben) Verwendung finden. Demzufolge verfügt jedes Wort über die Struktur

[W]-S_1-S_2- … S_n

Die Reihenfolge der Suffixe ist stets eindeutig.

Notation

Tabelle 1 – Notation

W Grundform eines Wortes W*
[W] Wortstamm eines Wortes W*
S_i i-tes Suffix
S(W) Suffixmenge der Wortart W*
SI(W) Menge der initialen Suffixe der Wortart W*
t_F finales Terminal
T_F Menge der terminalen Suffixe
e leeres Wort
*Jeweils mit W , {N, V, A}; für „Nomen“, „Verb“ und „Adjektiv (/ Adverb)“

Verben

Konjugationsendungen

Tabelle 2 – Konjugationsendungen

Person/ Numerus Präsens Futur Perfekt
1./ Sing. -ni -saq -rani -q -ni -q -rani
2./ Sing. -nki -nki -ranki -q -nki -q -ranki
3./ Sing. -n -nqa -ra -q -q
1./ Plur. (inkl.) -nchik -sunchik -ranchik -q -nchik -q -ranchik
1./ Plur. (exkl.) -niku -saqku -raniku -q -niku -q -raniku
2./ Plur. -nkichik -nkichik -rankichik -q -nkichik -q -rankichik
3./ Plur. -nku -nqaku -raku -q -nku -q -raku

Wortaufbau

Der Wortaufbau der Verben kann durch folgende Regelmenge beschrieben werden. Ausgangsbasis dabei ist der Wortstamm [V] der Verben; daneben besteht die Möglichkeit der Ableitung eines Wortstamms von Verben ausgehend von Nomen

Transformation: Nomen —› Verb[N] —› [N]cha =: [V]

sowie ausgehend von Adjektiven

Transformation: Adjektiv —› Verb[A] —› [A]ya =: [V]

Wortarttransformationen:

V —› [V]SI(N) =: [N] mit SI(N) = {y, na, sqa, q}

V —› [V]SI(V) =: [V] mit SI(V) = {ku, naku, chi, mu}

Ableitung eines Verbs:

V —› [V]S_1

S_2 —› ykuS_2 | llaS_2 | ykullaS_2 | S_2

S_2 —› chkaS_3 | stine | TEe | S_3

S_3 —› KES_4

S_5 —› raykuS_5 | mikiS_5 | S_5

S_6 —› raqS_7 | S_7

S_7—› ñae | S_8

S_8 —› pase | pasmie | S_9

S_9 —› punie | punime | S_10

S_10 —› S_F

S_F —› T_F| g mit T_F = {qa, wa, m, mi, ya, chu}

Tabelle 3 – Suffixmenge der Verben: Erläuterungen

-yku-lla Verkleinerung/ „Empathie“
-chka-stin Gerundium„miteinander“/ „zusammen mit“
-TE Transitionsendungen (siehe Tabelle 4)
-KE Konjugationsendungen (siehe Tabelle 2)
-rayku-miki Begründung
-raq „noch“
-ña „schon“
-pas-pasmi „auch“
-puni-punim
-qa-wa-m-mi-ya-chu BetonungBetonungBetonung u. a.Betonung u. a.BetonungInterrogationssuffix

Beachtung finden muss die Ableitungsregel S_3: Eine Konjugation muss erfolgen.

 

Tabelle 4 – Transitionen

mir/ mich dir/ dich ihm/ ihr/ ihn uns euch ihnen
ich -yki -ykichik
du -wanki
er/sie/ es -wan -sunki -n -wanchik -nkichik -n
wir -ykiku
ihr -wanchik -sunchik
sie -sunkiku

 

Exkurs: Ausnahme „kay“ (sein)

Die konjugierte Form der 3. Person/ Singular – „kan“ – bedeutet: „es gibt„. Als Ersatz wird hierfür die Endung „-m“ (nach Vokalen) oder „-mi“ (nach Konsonanten) verwendet, welche die Funktion eines vollständigen Verbs übernimmt.

Nomen

Bei den Nomen ist der Wortstamm mit der jeweiligen Grundform (Nominativ) identisch, d. h. es gilt immer [N] = N. Aus Gründen der Einheitlichkeit wird aber eine durchgängige Notation beibehalten. Es besteht die Möglichkeit der Ableitung eines Wortstamms von Nomen ausgehend von Verben:

Transformation: Verb —› Nomen[V] —› [V]y =: [N]

[V] —› [V]na =: [N]

[V] —› [V]sqa =: [N]

[V] —› [V]q =: [N]

Wortarttransformation:

N —› [N]cha =: [V]Ableitung eines Nomens:

N —› [N]S_1

S_1 —› chaS_2 | challaS_2 | S_2

S_2 —› POSSS_3| S_3

S_3 —› kunaS_4 | S_4

S_4 —› taS_5 | manS_5 | mantaS_5 | piS_5 | paS_5 | S_5

S_5 —› wanS_6| S_6

S_6 —› paqS_7 | raqS_7 | S_7

S_7 —› pase | pasmie | S_8

S_8 —› punie | punime | chusmie | S_9

S_9 —› S_F

S_ F —› t_F | e mit T_F = {m, mi, qa, ya, wa, chu}

Tabelle 5 – Suffixmenge der Nomen: Erläuterungen

-cha-challa VerkleinerungVerkleinerung
POSS Possessivendungen (siehe Tabelle 6)
-kuna Plural
Flexionen-ta-man-manta-pi-pa Akkusativ-ähnlich“nach“, „um zu“; Dativ-ähnlich“aus“ (lokal); Ablativ-ähnlich“in“, „im“, „an“, „am“ (lokal/ temporal), Ablativ-ähnlichBesitzanzeige
-wan „mit“, „mittels“, „und“; Ablativ-ähnlich
-paq-raq „für“„noch“
-pas-pasmi „auch“
-puni-punim-chusmi
-m-mi-qa-ya-wa-chu „sein“ (3./ Sing), Erfahrung, Betonung [nach Vokalen]“sein“ (3./ Sing), Erfahrung, Betonung [nach Konsonanten]BetonungBetonungBetonungInterrogativsuffix

Tabelle 6 – Possessivendungen

-y -nchik (inkl.)-yku (exkl.)
-yki -ykichik
-n -nku

Adjektive (und Adverbien)

Bei den Adjektiven (Adverbien) ist der Wortstamm mit der jeweiligen Grundform identisch, d. h. es gilt immer [A] = A. Aus Gründen der Einheitlichkeit wird aber eine durchgängige Notation beibehalten.

Ableitung eines Adjektivs (Adverbs):

A —› [A]S_1

S_1 —› llaS_2 | S_2

S_2 —› taS_3 | S_3

S_3 —› S_F

S_F —› t_F | g mit T_F = {m, mi, qa, chu, chusmi}

Tabelle 7 – Suffixmenge der Adjektive (Adverbien)
-lla Verkleinerung
-ta Transformation: Adverb
-m

-mi

-qa

-chu

-chusmiBetonung

Betonung

Betonung

Interrogativsuffix

Interrogativsuffix

 

Weitere Wortarten

Personalpronomen

Die explizite Verwendung der Personalpronomem findet i. A. nicht statt.

Tabelle 8 – Personalpronomen

ñoqañoqanchik (inkl.)

ñoqayku (exkl.)qamqamkunapaypaykuna

 

Eigennamen

Befolgt wird i. A. die Großschreibung. Behandlung entspricht – soweit inhaltlich übertragbar – der von Nomen.

Ungebundene Formen

– Aufzählungen: „ima“

Statt der möglichen und korrekten, aber umständlichen, Aufzählungsform

N_1wan, N_2wan, …, N_nwangibt es die kurze Form

N_1, N_2, …, N_n imaDas Wort „ima“ ist dabei nicht an einen Wortstamm angehängt (ungebunden).

Syntax

Aussagesätze

Die grundlegende Struktur eines Aussagesatzes ist (stets) Subjekt – Objekt – Verb:

S – O – VEine wesentliche Grundregel ist: Das Nomen im Objektteil eines Satzes besitzt stets mindestens ein Suffix; es steht nie alleine (nur als Wortstamm).

Für (einfach gebaute) Aussagesätze greift die klassische Satzstruktur nach folgenden Ableitungsregeln in Anlehnung an die BNF:

<P> —› <VP><VP> —› <NP> <VP> | [V]<S> | <A><S> [V]<S>

<NP> —› [N]<S> | <A><S> [N]<S>

<S> —› S(W) mit W , {N, V, A}

Negationssätze (Verneinungen)

Negationssätze folgen im einfachen Fall dem Schema:

mana [V]-KE-chu [N]-taInterrogationssätze (Fragesätze)

Es läßt sich eine vereinfachende Unterscheidung in Entscheidungs- und Informationsfragen vornehmen.

 

  • Entscheidungsfragen

 

  • Informationsfragen

Hinweis: Antwortsätze können auch die Struktur S-V-O haben.

ANHANG

 

Tabelle A1 – Übersicht über die verwendeten Suffixe (wortartbezogen)GemeinsamVerbNomenAdjektivSonst.
(ungebunden)llanachataimamsqacharaqaswanmiqPOSS chuykuna chusmikuta punichkaman qanakupa wachipi yamumanta chuykuwan KEpaq stinyoq raykukama mikisapa sunñataq ñantin

Tabelle A2 – Alphabet

Alfabeto oficialCusqueñoVergleich Spanisch

– Lautverschiebung (Span. = Runa.)aaabb(c)c = k, s, qch‘chchchchhdeee = if = phg(g)ghhh = h (stimmhaft)iiijk‘kkkkhlllllllllmmmnnnñññooo = up‘pppphq‘qqqqhrrrrrsssht‘tttthuuuv = bwwwxyyy = iz = s

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